Moinsen!
Heute möchte ich euch mal meine Meinung zu einer Applikation abgeben, welche seit geraumer Zeit bei den ganzen "Kids" angesagt ist und wie durch einen klitzekleinen Denkfehler eine eigentlich nette Idee komplett ruiniert wurde.
Gegenstand der Diskussion ist die neue Trend-App "BeReal". 2020 veröffentlicht (aus französischer Entwicklung!), 2022 bekannt geworden. Sinn/Konzept der App ist denkbar simpel: wenn man sie auf dem Mobilgerät seiner Wahl installiert hat, bekommt man an einem vollkommen zufällig ausgewählten Zeitpunkt des Tages, der für alle Nutzer gleich ist, eine Meldung. Mit Erhalt dieser Meldung ist man dazu aufgefordert, innerhalb von 2 Minuten ein Bild von sich auf dieser Plattform hochzuladen, mit dem Hintergedanken, einen ungefilterten Einblick in sein Leben zu ermöglichen.
Jetzt bin ich ja generell kein Freund der sozialen Medien, aber grundsätzlich finde ich die Idee der App gar nicht so schlecht vgl. mit einem Instagram, Snapchat oder auch F*ckTo...TikTok, wo ja alles gestellt und photoshopped/editiert bis zum Gehtnichtmehr ist. Das ist der ungefilterte Alltag, der im ursprünglichen Grundkonzept mal auf oben genannten Plattformen veröffentlicht werden sollte. Nichts gefaked, nicht gestellt/geplant, einfach was in dem Moment bei dir gerade so läuft. Und wenn du halt gerade auf der Schüssel sitzt oder der Yasuo in deinem Team wieder fleißig Stammbaumanalyse im Chat betreibt... dann ist das halt so! Das ist dein Leben in dem Moment, man lacht darüber, better luck next time oder so.
Aber natürlich reden wir hier über das Internet/über soziale Medien. Jeder muss das schönste/aufregendste/tollste/lustigste/spannendste Leben der ganzen Welt haben, die natürlich anderen zeigen und etwas anderen will/kann/darf man sich nicht eingestehen.
Und hier kommt das Problem ins Spiel: der Timer. Zwei ganze Minuten. Habt ihr überhaupt einen Plan, wie viel man in diesen zwei Minuten "stellen" kann? Gutes Beispiel war "neulich" beim Weihnachtsessen mit den Liebsten: meine Schwester, ihres Zeichens social-media OTP, hatte natürlich auch diese App und irgendwann um 21 Uhr oder so kam das Signal zum Bild machen. Im ursprünglichen Gedanken der Entwickler sollte man jetzt einfach ein Foto schießen, nicht groß nachdenken, einfach Kamera an, auf das erstbeste, was man sieht, draufhalten und hochladen. Ende der Geschichte. Tja. Nicht so bei Generation "läuft bei mir": In nur zwei Minuten hatte meine Schwester Zeit, sich ein Motiv, nämlich den Weihnachtsbaum, auszusuchen, an diesem nochmal schön die Dekoration bisschen hinzudrehen, damit sie schön glänzt, die (noch nicht ausgepackten) Geschenke unter´m Baum nochmal so zu platzieren, dass es aussehen würde, als wären wir bei Familie Lindner zu Gast, fix noch vor dem Spiegel zu flitzen, das Outfit zurecht zu zupfen, eben noch die Frisur zu richten, dann wieder zum Baum zurückzugehen, die Kamera anzumachen, nochmal fünf verschiedene Posen auszuprobieren/"anzutäuschen", bis dann eine gefunden wurde, die ihr an dem Tag gefallen hat und dann das Bild zu schießen und dann, in Vorfreude auf den Hormon-Boost, den "realen" Einblick in ihr Leben hochzuladen. Und ich hab die Zeit nicht mitgezählt, da mir zu dem Zeitpunkt die App noch recht neu war, aber sie hätte locker nochmal 10 Sekunden Puffer gehabt.
idk man. Ist das dieser reale Einblick, von dem alle reden? Weil ich kann euch, auch ohne jemals die App auch nur in meinem Appstore gesehen zu haben, versprechen, dass 99,5% der Nutzer genau das selbe machen. Der reale, ungefilterte Einblick ins Leben muss so schön/präsentierbar wie nur möglich sein. Wenn´s nach mir gehen würde wäre der Timer zum Bild schießen ALLERHÖCHSTENS 20 Sekunden.
tl;dr: Bin ich jetzt ein Boomer wegen diesem Rant?
In diesem Sinne: euer INoKami
P.S.: Ich mag meine Schwester dennoch.